Bolaño, Roberto: Chilenisches Nachtstück
Bolaño, Roberto: Chilenisches Nachtstück
Roman.
Aus dem Spanischen von Heinrich von Berenberg.
Frankfurt am Main: Fischer Taschenbuch, 2020. 156 S., kt., 13,00 €.
O: Nocturno de Chile.
978-3-596-70287-9
Sebastián Urrutia Lacroix, Priester, Dichter und Literaturkritiker mit baskischen und französischen Vorfahren und Mitglied des Opus Dei ist der Protagonist dieses grotesken Romans. Kurz nach der Priesterweihe wird er von dem berühmten Literaturkritiker Farewell eingeladen und unter dem Eindruck von dessen Bibliothek beschließt er, Literaturkritiker zu werden. Und Farewell lächelt und sagt, „das sei kein leichter Pfad. Dies [Chile] ist ein Land von Barbaren.“ Nun, es dauert auch noch eine Weile bis unser Held sein Ziel erreicht hat. Vorher läßt Bolaño uns noch an diversen Begegnungen mit den größten Poeten Chiles teilhaben. So sieht er auf Farewells Landgut unvermutet Neruda, Verse an den Mond rezitierend. Nach dieser Feuertaufe legt er sich ein Pseudonym zu und beginnt zu schreiben. Es folgt der Bericht von Salvador Reyes über seine Begegnung mit Ernst Jünger im besetzten Paris, die Geschichte vom Schuhfabrikanten, der vom österreichischen Kaiser die Erlaubnis erhält, einen Heldenhügel zu errichten, in dem zum Schluß nur er selber liegt. Von den geheimnisvollen Herren Odeim und Oido erhält er einen weiteren Auftrag: unter strengster Geheimhaltung sollen Chiles Putschgeneräle über den Marxismus unterwiesen werden, eine Aufgabe, die Urrutia Lacroix schließlich zur Zufriedenheit von Pinochet erfüllt. Ein köstliches Stück Prosa, eine Persiflage auf den Kulturbetrieb, der zu lautem Lachen verführt – ein Lachen, das einem gleichzeitig aber im Halse stecken bleibt angesichts des gewöhnlichen Horrors, der von Bolaño in dieser meisterhaften Satire beschrieben wird.
Klaus Küpper, BzL
Heinrich von Berenberg war Herausgeber, Übersetzer und Lektor bei den Verlagen Klaus Wagenbach und Antje Kunstmann und machte das deutschsprachige Leserpublikum u.a. erstmals mit Roberto Bolaño bekannt. Inzwischen hat er seinen eigenen Verlag gegründet und überrascht mit außergewöhnlichen und schön gemachten Büchern.

Einen Teil seiner Jugend verbrachte er Mexiko. 1972 kehrte er nach Chile zurück, nach dem Militärputsch wurde er gefangen gehalten, konnte das Land aber dann verlassen. Nach dem Ende der Franco-Diktatur ging er 1977 nach Spanien, wo er als Hafenarbeiter, Kellner und Nachtwächter arbeitete. Seit den achtziger Jahren konnte er von den Preisgeldern literarischer Wettbewerbe leben. Roberto Bolaño starb am 17. Juli 2003 in Barcelona.
Seine Bedeutung als einer der begabtesten lateinamerikanischen Autoren der jüngeren Generation wird spät (auch im deutschen Sprachraum) erkannt. Für sein Werk „Die wilden Detektive" erhielt er den Premio Rómulo Gallegos, einen der angesehensten lateinamerikanischen Literaturpreise. Auf Deutsch liegen u. a. vor: „Die Naziliteratur in Amerika", „Stern in der Ferne", „Amuleto", „Telefongespräche", „Lumpenroman". Sein Hauptwerk „2666" wurde bereits kurz nach Erscheinen als Jahrhundertwerk gepriesen.
(Foto: © The Estate of Roberto Bolaño)
Titel:
Cowboygräber
Die Eisbahn
Monsieur Pain
Telefongespräche
Der Geist der Science-Fiction
Die wilden Detektive
Die romantischen Hunde
Der unerträgliche Gaucho
Mörderische Huren
Das dritte Reich
Die Naziliteratur in Amerika
Lumpenroman (Hörbuch)
Lumpenroman
Stern in der Ferne
Chilenisches Nachtstück
Amuleto
Die Nöte des wahren Polizisten
2666
Die Cowboy-Gräber