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Ruffato, Luiz: Es waren viele Pferde

Ruffato Pferde TaBu RGB 1Ruffato, Luiz: Es waren viele Pferde
Aus dem brasilianischen Portugiesisch von Michael Kegler
Berlin/Hamburg: Assoziation A, 2016. 158 S., br.. 12,00 €.
O: Eles eram muitos cavalos. Rio de Janeiro 2001.
978-3-86241-455-0

„Es waren viele Pferde, doch niemand kennt mehr ihre Namen, ihre Fellfarbe, woher sie kamen“, so lautet die komplette Gedichtzeile der brasilianischen Autorin Cecília Meireles.
Dienstag, 9. Mai 2000 in São Paulo: leicht bewölkt bis bevölkt, zunehmender Mond. Der Tag beginnt. Und Luiz Ruffato ist sein Chronist. Er will den Pferden ihre Namen, ihre Fellfarbe, ihre Herkunft wiedergeben. 69 Szenen, kurze Beschreibungen, Situationen und Beobachtungen wird er leidenschaftslos protokollieren, ohne moralischen Zeigefinger. Ein „Roman“ wie ein Kaleidoskop, zusammengesetzt aus einer Liste von Berufen (Galvaniseur – Metallbauer), einem Regal mit Büchern (Romane, Biographien, Lehrbücher, Selbsthilfebücher), einer Liste mit Kontaktanzeigen (Ana Kazue sucht sympathischen Ehemann, Waleska sucht nur Freundschaft), einer Liste mit Huren (Aretha – Dany) und den Stimmen (dem Monolog des Taxifahrers, dem Tetralog zwischen Arnaldo, Rafael, Nancy und Monica). Und den Menschen: die Frau mit der mit Klebeband reparierten Brille und den ausgetretenen Pantoffeln, der besoffene Indianer, der nackt auf der Straße tanzte, der schwarze Wachmann, hünenhaft mit den breiten Schultern, der Amateur-Prediger, ein Wiedergeborener, der aus der Hölle gerettet wurde, Doktor Fernando weigert sich einen Angeschossenen zu operieren - er hatte ihn einst überfallen, diese Frau, die als Vogelscheuche durch die Straßen schlurft ... Unmöglich die Vielfalt der Collagen auch nur annähernd wiederzugeben – alle Momentaufnahmen, meist Fragmente, Schlaglichter, aus denen sich dieser Roman zusammensetzt, lassen die Leserinnen und Leser verstört zurück.
Ohne Zweifel eines der besten Bücher der letzten Jahre aus Brasilien – jetzt in der vierten Auflage als Taschenbuch.
Klaus Küpper, Bücher zu Brasilien 2013

Michael Kegler wurde 1967 in Gießen geboren und hat einen Teil seiner Kindheit in Liberia und Brasilien verbracht. Er arbeitete als Buchhändler und Journalist und übersetzt seit 1992 Literatur aus dem Portugiesischen, u.a. Werke von José Eduardo Agualusa, Felipe Tadeu, João Paulo Cuenca, Michael Laub, Moacyr Scliar und Luiz Ruffato. Seit 2001 unterhält er das Internetportal nova cultura, das regelmäßig über kulturelle Ereignisse aus dem portugiesischsprachigen Raum informiert. Kegler erhielt 2014 zusammen mit Marianne Gareis den Straelener Übersetzerpreis der Kunststiftung NRW und 2016 der Hermann-Hesse-Preis zusammen mit Luiz Ruffato. Er lebt in Hofheim/Taunus.

Der Autor:

RuffatoLuiz Ruffato wurde am 4. Februar 1961 in Cataguases, Bundesstaat Minas Gerais geboren. Er arbeitete u.a. als Verkäufer und Mechaniker und studierte in der gleichen Zeit Journalismus. 1998 veröffentlichte er einen ersten Band mit Kurzgeschichten. Drei Jahre später folgte der Roman Eles eram muitos cavalos (dt. Es waren viele Pferde, siehe Bücher zu Brasilien, S. 57f.), der die brasilianische Literatur revolutionierte, von der Kritik enthusiastisch aufgenommen und u.a. mit dem Prêmio Machado de Assis der brasilianischen Nationalbibliothek ausgezeichnet wurde. Eine Jury von Literaturkritikern der Zeitung Globo zeichnete das in mehrere Sprachen übersetzte Buch als einen der zehn besten brasilianischen Romane der letzten Dekade aus. In den Jahren zwischen 2005 und 2011 schrieb Luiz Ruffato, der seit 2003 ausschließlich als Schriftsteller arbeitet, den fünfbändigen Zyklus Inferno próvisorio (dt. Vorläufige Hölle), von dem die beiden ersten Teile inzwischen in deutscher Übersetzung vorliegen („Mama, es geht mir gut“, 2013, siehe Bücher zu Brasilien, S. 58f. und „Feindliche Welt“, 2014.)
Luiz Ruffato lebt in São Paulo.

(Foto: © Adriana Vichi)

Titel:

Sonntage ohne Gott