[Brasilien] Zischler, Hanns u. a. (Hrsg.): Die Erkundung Brasiliens

Friedrich Sellows unvollendete Reise.
Hrsg. von Hanns Zischler, Sabine Hackethal, Carsten Eckert und dem Museum für Naturkunde Berlin.
Berlin: Galiani, 2013. 253 S. mit vielen vierfarbigen Abb., ca. 21 x 28 cm, geb., SU, 39,99 €.
978-3-86971-075-4
Auf der Flucht vor Napoleon verlegte der portugiesische Hof seine Residenz und damit Hauptstadt des damals riesigen Reiches im Jahre 1808 von Lissabon nach Rio de Janeiro. In der Folge öffnet sich Brasilien, das bis dahin für Ausländer ein verschlossenes Gebiet war (selbst Humboldt gelangte nur bis zur Grenze) auch naturkundlichen Expeditionen, so z. B. für die berühmte Reise von Prinz Maximilian zu Wied-Neuwied in den Jahren 1815-1817.
Kaum bekannt ist dagegen die Reise von Friedrich Sellow, der bereits seit Anfang 1814 bis zu seinem frühen Tod in Braslien war. Vermutlich hängt dies u.a. damit zusammen, dass Sellow, von dem auch kein Porträt existiert, die Früchte seiner Reisen nicht mehr selbst präsentieren konnte. Er ertrank am 4.10.1831, nach über 17 Jahren fast ununterbrochener Forschungstätigkeit im Rio Doce. Vorher hatte er noch über 150 Transportkisten mit den Ergebnissen seiner Sammeltätigkeit auf den Weg nach Preussen gebracht. Außer den Gesteinsproben, präparierten Tieren, getrockneten und lebenden Pflanzen (viele davon bis dahin völlig unbekannt), Gerätschaften und Waffen der dort angetroffenen indigenen Völker hinterließ Sellow einen wahren Schatz an Zeichnungen, Landschaftskizzen, Porträts von Einheimischen, Aufzeichnungen über Begegnungen und Tagebücher (die erst in jüngster Zeit entziffert wurden) von denen die Herausgeber dieses prächtigen Bandes hier erstmals Auszüge veröffentlichen.
Der verdienstvolle und wunderschön gestaltete Band enthält einige Aufsätze über Sellows Biographie, so weit sie überhaupt rekonstruierbar war (Sellow stammte aus einer Gärtnerfamilie und hat sich vor der Reise in Paris und London weitergebildet). Andere Aufsätzen befassen sich mit unterschiedlichen Aspekten und Ergebnissen der Reise: Hanns Zischler vergleicht die Arbeit Sellows mit der des Naturaliensammlers von Langsdorff, der als Teilnehmer der berühmten Krusenstern-Weltumseglung auch in Brasilien war. „Seine (Sellows) Reisetagebücher sind minutiös geführte, objektivistische Protokolle und Chroniken des Gesehenen, Gehörten, Durchwanderten, Gemessenen und Gesammelten ...". Sabine Hackethal beschreibt die Reisen Sellows in Brasilien; Joachim Rees befasst sich mit Sellows brasilianischen Zeichnungen und Holger Stoecker beschreibt das anthropologische Sammeln des Forschers.
Für die Leserinnen und Leser bietet dieses Buch ein faszinierende und eine begeisternde Gelegenheit, die ersten Forschungsreisenden in eine bis dahin verschlossene Gegend der sogenannten Neuen Welt zu begleiten.
Klaus Küpper, BzL
Die Autoren: Hanns Zischler, Schauspieler, Autor und begnadeter Vorleser, veröffentlchte zuletzt „Der Schmetterlingskoffer" und „Berlin ist zu groß für Berlin". Sabine Hacketahl arbeitet am Naturkundemuseum in Berlin. Sie beschäftigt sich seit Jahrzehnten mit der Erforschung von Friedrich Sellows Leben. Carsten Eckert entschlüsselt die Tagebücher Sellows und bereitet für das Berliner Naturkundemuseum seinen Nachlass auf.