Augusto Roa Bastos zum 100. Geburtstag
Augusto Roa Bastos zum 100. Geburtstag
Der paraguayische Schrifsteller Augusto Roa Bastos war neben Miguel Angel Asturias, Gabriel García Márquez und Alejo Carpentier einer der wichtigsten Vertreter des sozial engagierten "magischen Realismus". In seinem Werk verschmelzen sozioökonomische, historische und politische Fakten mit dem Symbolismus der Mythen und Legenden seines Landes. (Reichardt)
Augusto Roa Bastos gilt als einer der herausragendsten Vertreter der lateinamerikanischen Literatur. Neben zahlreichen anderen Preisen wurde er 1989 mit dem bedeutendsten Literaturpreis der spanischsprachigen Welt, dem Premio Cervantes, ausgezeichnet.
Weltweit bekannt wurde Roa Bastos durch seinen Roman Yo, el Supremo (dt. 1977; erneut 2000 „Ich der Allmächtige“). Er beschreibt darin einen Diktator (der sich selbst Yo, el Supremo nannte, Gründer des Staates Paraguay), der sich längst von der Wirklichkeit abgewandt hat und nur noch seinen Träumen von einem unabhängigen, von jeglichen fremden Einflüssen abgeschirmten Gesellschaftswesen anhängt, das er mit brutaler Gewalt durchzusetzen sucht. Roa Bastos gelingt mit diesem Roman, der gleichzeitig ein sprachliches Meisterwerk ist, eine „Röntgenaufnahme der Macht“ (H.-J Heise). Dieses außergewöhnliche Werk der lateinamerikanischer Erzählkunst gehört in die Reihe der sogenannten Diktatorenromane, in denen außer ihm Autoren wie Alejo Carpentier, Gabriel García Márquez und Miguel Angel Asturias die spezifische lateinamerikanische Ausformung der Caudilloherrschaft literarisch behandelt haben.
In dem Roman Hijo de hombre (dt. 1962, erneut 1991 „Menschensohn“) schildert Roa Bastos anhand von Chroniken, Tagebuchaufzeichnungen und Erlebnisberichten die Leiden des paraguayischen Volkes von der Zeit der Diktaturs Francia über den Chaco-Krieg (1932-1935) bis zur Diktatur des Generals Stroessner als die Geschichte von Unterdrückung, Ausbeutung und Krieg, von Grausamkeit, Tod und Widerstand.
Der Roman „Die Nacht des Admirals“ (Vigilia del Almirante) schildert er eine für Kolumbus gefährliche Situation während einer endlosen Flaute auf der Fahrt über den Atlantik. In der drückenden Hitze droht eine Meuterei, und die Zweifel am Erfolg der Expedition mehren sich. Vor dem inneren Auge des Admirals ziehen die Stationen seines Lebens vorüber. Ohne Rücksicht auf den historischen Ablauf läßt Roa Bastos dabei Vergangenheit und Zukunft ineinanderfließen, selbst heutige Kenntnisse münden in die Reflexionen ein. Kunstvoll vermischt der Autor Realität und Phantasie und schafft so das Buch, das er lesen möchte und nirgendwo entdeckt.
In seinem letzten Roman Contravida (dt. 1997, „Gegenlauf“) schildert Roa Bastos die Erinnerungen eines flüchtigen politischen Gefangenen, der als Einziger den Ausbruchsversuch aus dem Kerker überlebt hat.
In seinen Erzählungen, die übersetzt in zwei Anthologien und zahlreichen Zeitschriften erschienen sind, entfaltet Roa Bastos eindrucksvolles Panorama der paraguayischen Gesellschaft. Er berichtet in ihnen vom verschwenderischen Leben und korrupten Verhalten der reichen Oberschicht, schildert das Leben der armen, ausgebeuteten Landarbeiter und Einwanderer und deren Kampf gegen die Unterdrückung durch die Haciendabesitzer und Militärs.
Mit Ausnahme von „Die Nacht des Admirals“ sind alle übersetzten Werke des Autors nicht mehr lieferbar.